Green Care: Mit Zuversicht zurück in den grünen Bereich
“Wegen wegfallender Klientinnen und Klienten sind viele unserer Betriebe besonders hart betroffen. In welchem Ausmaß, hängt meist von der genauen Sparte und den jeweiligen Kooperationspartnern ab. Wir erleben gerade alles - von nahezu ‘business as usual’ bis zu kompletten Einkommensausfällen”, betont Green Care Österreich-Obmann und Direktor der LK Wien, Ing. Robert Fitzthum. “Als Kompetenznetzwerk geben wir unser Bestes, um unseren Höfen auch jetzt mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, und informieren laufend mittels Website und Facebook. Zentral im Fokus stehen klarerweise Entschädigungen mittels Härtefall- und Hilfsfonds, um massive Einkommenseinbußen so gut wie möglich abzufedern”, ergänzt Fitzthum, dessen Team sich um jeden einzelnen Betrieb bemüht.
“Es zeigt sich auch gerade in einer Krise wie der aktuellen, von welch unschätzbarem Wert kleinstrukturierte Betreuungseinrichtungen in Wohnortnähe mit regionalen Arbeitskräften sind. Diese Vorteile sollten in Zukunft noch mehr als bisher berücksichtigt werden”, unterstreicht Green Care Österreich- Geschäftsführerin Mag. (FH) Nicole Prop. “Positiv ist darüber hinaus, dass unsere Green Care-Bäuerinnen und Bauern trotz unterschiedlicher Aufgabenbereiche eines gemeinsam haben: Sie unterstützen Menschen in verschiedensten Lebensphasen dabei, einen sinnerfüllten und wertschätzenden Alltag zu führen. Dieses Denken kommt ihnen in der aktuellen Lage nun selbst in hohem Maße zugute”, so Prop. Wer mit Green Care-Bäuerinnen spricht, findet diese Aussage meist bestätigt.
Peintnerhof setzt mit Gesundheitsprophylaxe auf Zukunft
Ein Betrieb, bei dem beide Hauptstandbeine durch den Corona-Shutdown derzeit quasi stillstehen, ist der Peintnerhof im Kärntner Lesachtal. Andrea Unterguggenberger und ihr Mann, Dr. Georg Lexer, setzen normalerweise auf Urlaub am Bauernhof und ein Green Care-Auszeithof-Angebot, das in uriger Umgebung einen gesundheitsfördernden Lebensstil vermittelt. Im Rahmen dessen werden auch die hofeigenen Produkte, wie Lammfleisch, Urforelle und allerlei Pflanzenprodukte, an den Mann bzw. die Frau gebracht. “Ich habe es heuer im März geschafft, volles Haus zu haben und musste dann in der Halbzeit alle Gäste nach Hause schicken. Auch diverse Veranstaltungen etc. mussten wir absagen. Es ist dann sehr schnell gegangen und plötzlich gab es auch keine Anfragen mehr. Schön langsam merkt man aber, dass gerade die Österreicherinnen und Österreicher wieder Interesse zeigen und beginnen, vorerst für Spätsommer und Herbst wieder Aufenthalte zu buchen. Für diese Zeit sind wir optimistisch”, so Unterguggenberger, die dabei ist, sich über Härtefall- und Hilfsfonds zu informieren.
“Ich muss ehrlich sagen, wir sehen das Ganze trotz allem positiv, weil wir die Zeit auch für viele gute Gespräche mit den Kindern nützen können. Und wir sind sehr froh, am Bauernhof zu leben, wo wir Bewegungsfreiheit und eine sinnvolle Betätigung haben”, so die engagierte Bäuerin.
“Außerdem sind wir überzeugt, dass die Gesundheitsvorsorge gerade durch Corona zusätzlich an Bedeutung gewinnt. Ich hoffe schon, dass sich viel verändert nach dieser Krise.”
Wichtig wäre für ihren Betrieb aber, dass längere Aufenthalte besser unterstützt werden. “Der so genannte Green Care SVS-Gesundheitshunderter ist ein erster wichtiger Schritt. Für uns wäre es eine große Chance, wenn unsere Auszeithof-Gäste ähnlich viel wie bei einem Kuraufenthalt rückerstattet bekommen.
Rabingerhof auch in Coronazeiten voll im Einsatz
Vergleichsweise wenig hat sich für die Betreiber und Klientinnen und Klienten des Rabingerhofs in der Kärntner Gemeinde Hüttenberg geändert. Neben den sieben Familienmitgliedern leben am Biobetrieb weitere sechs Bewohnerinnen und Bewohner im Alter von 55 bis 90 Jahren, die von der Green Care- Bäuerin und weiteren Pflegehelferinnen inmitten der ländlichen Idylle professionelle Pflege erhalten. “Bei unserem Projekt ‘Alternative Lebensräume' rennt das meiste trotz Corona weiter wie bisher. Auch bei der Finanzierung gibt es keine Probleme”, berichtet Brigitte Ratheiser. Das Angebot ist eine bewilligte Leistung im Bereich der stationären Pflege und Betreuung gemäß des Kärntner Heimgesetzes.
“Zu den großen Herausforderungen zählt neben zeitlichen Umschichtungen bei unseren Helferinnen, die eigene zusätzliche Verpflichtungen haben, klarerweise die Sicherheit aller Hofbewohner. Einerseits halten wir uns selbst strikt an die offiziellen Regeln. Andererseits fällt auch für unsere Bewohner der externe Besuch weg, was diese nur teilweise verstehen und natürlich vermissen. Wir bemühen uns sehr, ein vielfältiges Programm anzubieten. Die Angehörigen und sonstigen Besuche können wir aber natürlich nicht ersetzen”, bedauert die Green Care- und Meisterbäuerin. “Gott sei Dank leben wir auf einem Bauernhof mit vielen Tieren und Blumen. Das ist in dieser Situation wichtiger denn je. Größer wollen wir mit unserem Betrieb auch gar nicht werden. Alle schätzen die Lebensqualität und den persönlichen Kontakt.”
Ein Wermutstropfen sind neben dem Kontaktverbot auch die Holzpreise, die im Zuge der Coronakrise weiter gefallen sind. Die Familie freut sich jedoch, als regionale Hersteller und Lieferanten von Jungrindfleisch und Eiern derzeit eine besondere Wertschätzung zu erfahren. Die Ratheisers hoffen, dass die Pandemie trotz aller Probleme dazu beiträgt, den Stellenwert der heimischen Bäuerinnen und Bauern und auch kleiner, regionaler Pflegeeinrichtungen zu verbessern.
Website: https://www.greencare-oe.at/rabingerhof+2500+2443044
Bauernhof-Kindergarten hat Sommerarbeiten vorgezogen
Ein Betrieb, der seine Hofgäste hingegen schmerzlich vermisst, ist der Franzlhof von Bettina Haas. Sie hat im oberösterreichischen Pregarten neben der traditionellen Schafzucht einen Bauernhofkindergarten mit 38 Schützlingen und sieben Beschäftigten ins Leben gerufen - ein viel beachtetes Leuchtturmprojekt. “Als Corona kam, war ziemlich schnell klar, dass alle Kinder zu Hause bleiben werden.
Um unser Personal bestmöglich einzusetzen, haben wir Arbeiten vorgezogen, die wir normalerweise in der Sommerpause erledigen.”Berichte wurden geschrieben, neue Konzepte entwickelt sowie notwendige Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten durchgeführt. “Ansonsten orientieren wir uns an den anderen Kinderbetreuungseinrichtungen im Ort und hanteln uns von einer Woche zur anderen”, so Haas.
Derzeit werden zwei Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen betreut. Für den verbleibenden April hat die Leiterin um Kurzarbeit für ihre Mitarbeiterinnen angesucht und hofft auf eine baldige Zusage. “Ab Mai schauen wir dann, wie es weitergeht, planen ist schwierig. Ich kann mir aber vorstellen, dass der Sommer heuer ganz anders abläuft und wir eine Kindergartengruppe offenhalten, wenn wir gebraucht werden”, so Haas.
“Finanziell dürfte uns in diesem Bereich nichts wegfallen. Ein Gehaltsanteil, auf den ich hingegen komplett verzichten muss, ist alles Zusätzliche, wie Spielegruppen, Vorträge, Exkursionen, Geburtstagsfeiern und vieles mehr. Normalerweise sind wir ein beliebtes Ausflugsziel und sehr gefragt”, so die Bäuerin. “Mehrere Standbeine zu haben, ist wichtig, gerade bei solchen Projekten. Wir erleben eine dynamische, flexible Zeit und müssen daher auch selbst dynamisch-flexibel handeln. Pessimismus und sudern bringt nichts, wir müssen das Beste daraus machen und positiv in die Zukunft schauen. Vielleicht kann uns dieser Dämpfer helfen, uns auf das zurückzubesinnen, was wirklich wichtig ist. Im Idealfall gehen wir gestärkt wieder aus dem Ganzen heraus.”
Dreierhof verstärkt mit Kompost- und Erdzustellung beschäftigt
Ein Betrieb, der - neben Komposterzeugung und Landwirtschaft - über ein höchst vielfältiges Green Care- Angebot verfügt, ist der Dreierhof im niederösterreichischen Maria Anzbach. Soziale Arbeit für behinderte Menschen findet dort normalerweise genauso statt wie Schule am Bauernhof, tiergestützte Intervention, Nachmittagsbetreuung für Kinder und vieles mehr. “Alles, was meine Tochter und ich uns auf dem Hof aufgebaut haben, ist derzeit bei Null und das tut schon weh”, betont Eva Hieret. Schätzungsweise ein Drittel des Betriebseinkommens werden üblicherweise in den den verschiedenen Green Care-Sparten erwirtschaftet. Stattdessen bleiben derzeit lediglich 6 bis 7% übrig, die sich aus der Miete ergeben, für die der Kooperationspartner “Jugend am Werk” aufkommt. Hinzu kommt noch, dass in der Backstube, in der üblicherweise acht behinderte Personen und ein Betreuer am Werk sind, einiges an hofeigenem Getreide und Eiern abgesetzt wird. Auch das fällt nun weg.
Klarerweise schmerzt es die engagierte Bäuerin sehr, dass sich die getätigten Investitionen, beibleibenden Fixkosten derzeit nicht rentieren und der Betrieb auch in keinem Raster von Hilfsmaßnahmen fallen dürfte. Genauere Erkundigungen will sie noch bei ihren Green Care-Beratern einholen, die ihr laut eigenen Angaben schon in anderen Situationen sehr geholfen haben. Ansonsten bemüht sie sich wie ihre Berufskolleginnen, das Beste aus der Situation zu machen. “Auch, wenn wir uns natürlich finanzielle Unterstützung wünschen würden, sind wir dankbar, dass wir Arbeit haben. Dadurch, dass so viele Leute ihre Zeit daheim verbringen, legen viele ein neues Hochbeet an, werken im Garten und brauchen dafür Erde, die wir auch zustellen. In diesem Bereich ist derzeit unsere ganze Familie gefordert.
Auch ist es eine wertvolle Erfahrung für unsere Kinder, einmal hautnah mitzuerleben, womit ihre Eltern ihr Geld verdienen.” Wünschen würde sich Hieret ferner, dass sich die Situation soweit entspannt, dass die geplanten Feriencamps im Sommer stattfinden können.
Ein großes Anliegen wäre ihr auch, dass die sonst auf den Hof kommende Gruppe an schwierigen Kindern, die ohnehin zusammenwohnt, aber keinen Garten hat, sich bald wieder bei ihnen austoben darf. “Es wäre sicher möglich, dass wir für den entsprechenden Abstand sorgen, und sowohl für die Kinder, als auch ihre Betreuer eine wichtige Entlastung”, so Hieret.
Über neue Medien in Kontakt bleiben
Dass die Green Care-Bäuerinnen ihren Job mit viel Herzblut machen, erkennt man auch daran, dass die meisten über moderne Medien mit ihren Klienten und Schützlingen in Kontakt bleiben. Kindergärtnerin Bettina Haas meint: “Der Kontakt zu Eltern und Kindern läuft primär über E-Mail und WhatsApp. Beispielsweise ist es immer ein Jahreshighlight, wenn unsere Lämmer auf die Welt kommen. Da habe ich unseren Kindern ein Video geschickt, um sie auf dem Laufenden zu halten.” Auch Eva Hieret vom Dreierhof postet in den Social Media Geschichten und Bilder von ihrem Hof und den Tieren, “um in Erinnerung zu bleiben”. Besonders wichtig sind neue Medien auch für den Rabingerhof. Da Besuche derzeit entfallen, ermöglichen Brigitte Ratheiser und ihr Team es ihren betagten Bewohnerinnen und Bewohner, sich über Videochat mit ihren Verwandten auszutauschen.
“Im Gegensatz zu großen Einrichtungen kann dem persönlichen und individuellen Umgang auf Green Care- Betrieben ein höherer Stellenwert eingeräumt werden. Die kleinen, bäuerlichen Strukturen erweisen sich - gerade im Pflegebereich - in der aktuellen Lage auch als deutlich krisensicherer. Das sollte Österreich bei zukünftigen Strategien mitbedenken”, so Fitzthum.